Vor allem Elektro- und Elektronikherstellern wird immer wieder geplante Obsoleszenz nachgesagt. Diese kann allerdings auch dadurch erzielt werden, dass sich Geräte schlichtweg nicht reparieren lassen. Sei es durch die Bauweise oder Mangel an Ersatzteilen.
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Geplante Obsoleszenz bezeichnet ein Phänomen, bei dem Herstellern nachgesagt wird, ihre Produkte absichtlich so zu konstruieren, dass sie nach Ablauf einer Frist kaputt gehen oder sich kaum reparieren lassen. Doch was davon ist Mythos und was Wahrheit?
Fast jeder hat es bereits selbst oder zumindest im Bekanntenkreis erlebt: Ein Fernseher gibt den Geist auf, nur wenige Tage, nachdem er dank seines Alters aus der Garantiephase des Herstellers heraus war. Staubsauger werden zum Fall für den Elektroschrott, weil ein kleines Bauteil der Steuerplatine versagte und sich kein Ersatz finden lässt. Geplante Obsoleszenz kursiert seit langer Zeit in Verbraucherschutzkreisen. Hersteller sollen demnach gezielt Schwachstellen in ihre Produkte einbauen. Das Ziel: Die Lebensdauer verkürzen, Reparaturen erschweren und somit für einen steten Strom an Bedarf für neue Produkte sorgen. Realität sagen die einen, Unsinn die anderen. Die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo dazwischen.
1) Was ist geplante Obsoleszenz?
Obsolet stammt aus dem lateinischen obsolescere für „sich abnutzen, alt werden“. Der Begriff sagt also aus, dass ein Produkt veraltet ist. Von geplanter Obsoleszenz wird hingegen gesprochen, wenn die Vermutung im Raum steht, dass der Hersteller eines Produkts absichtlich nachhilft, damit seine Waren nicht so lange halten. Das Thema beschäftigt auch die Bundesregierung. Allerdings kamen die Fachleute nach der ersten Hälfte der seit 2004 laufenden Studie zu dem Ergebnis: Keine Belege für gezielt eingebaute Schwachstellen. Das allerdings stellt viele Verbraucher nicht zufrieden: Zu auffällig sind die Vorfälle, zu eindeutig die Beweise in ihren Augen. Allerdings liegt ein Teil von dem, was als geplante Obsoleszenz verdammt wird, oftmals auch schlicht an den heutigen Markt- und Produktionsbedingungen.
2) Geschichte
Ersonnen wurde die Idee in den frühen 1920ern in den USA: Damals zeichnete sich ab, dass der Markt für Automobile durch die rasante Verbreitung von Fords T-Model sehr bald gesättigt sein würde. Der Chef von General Motors, Alfred Sloan Jr., schlug daraufhin vor, dass die Autohersteller ihre Modelle jedes Jahr ein wenig äußerlich abändern sollten. Das sollte die Käufer überzeugen, das Auto öfter zu wechseln, als die Qualität es eigentlich verlangte. Weiter befeuert wurde die Idee einige Jahre später vom Immobilienmakler Bernard London, der 1932 während der Weltwirtschaftskrise seine Denkschrift Ending the Depression through Planned Obsoliscence veröffentlichte. In den 1950ern wurde der Begriff auf dem amerikanischen Automarkt zu einem solchen Schlagwort, dass VW ihn in einer Werbeanzeige für den Käfer 1959 auf die Schippe nahm.
Corvette C2 und C3. Sie wurden zusammen 20 Jahre lang gebaut. Obwohl unterm Blechkleid Rahmen und Fahrwerk gleich blieben, änderte sich das Äußere jährlich. Auch dies ist geplante Obsoleszenz um den Kaufanreiz zu erhöhen und die Entwicklungskosten zu senken.
Die Idee von Alfred Sloan Jr. war da bereits seit einigen Jahren Praxis in den USA: Hersteller änderten alljährlich an ihren Autos Kleinigkeiten, um sie dem Zeitgeist anzupassen. Darunter werkelte freilich das immer gleiche Chassis. Etwa die Corvette von Chevrolet, einer von Amerikas beliebtesten Sportwagen: Obwohl äußerlich sowohl innerhalb als auch außerhalb der Baureihe unterschiedlich, steckte unter dem Kleid der Versionen C2 und C3 jahrzehntelang zwischen 1962 und 1982 der gleiche Rahmen und das gleiche Fahrwerk – die Käufer griffen aber weiterhin zu, weil die Karosserien und Ausstattungen jedes Jahr etwas verändert wurden. Auch dies ist also eine Form der geplanten Obsoleszenz, ohne dass etwas kaputt gehen muss.
3) Falsche Bauteile?
Fakt ist: Ein Großteil unserer Geräte zwischen Staubsauger und Mikrowelle wird heute in China produziert. Werke in Europa existieren nur wenige und wenn, dann findet dort meist nur die Endmontage statt. Das bedeutet wiederum: Ersatzteile, die natürlich kaputtgehen können, werden hierzulande kaum vorrätig gehalten. Das hat mit der Kostenkalkulation zu tun: Ersatzteile benötigen Lagerflächen und Personal, das sie sortiert, katalogisiert usw. Diese Kosten möchten sich die Hersteller allerdings sparen, denn sie würden im Umkehrschluss dafür sorgen, dass die Ware für den Kunden teurer wird. Just in time – gerade rechtzeitig, lautet dieses Prinzip, auf dem ein Großteil der weltweiten Industrie heute beruht.
Der Ausfall von „Pfennigbauteilen“ und die schlechte Reparierbarkeit sorgen dafür, dass sich die Müllberge mit dramatischem Tempo erhöhen.
Gleichzeitig herrscht aber auch unter dem Kleid vieler Geräte Bauteilgleichheit: Dinge wie Kondensatoren, Dioden, Schaltungen und vieles mehr werden nicht für jeden Hersteller einzeln gefertigt, sondern als große Masse, aus der sich verschiedenste Hersteller bedienen. Dies ebenfalls aus Kostengründen. Das wiederum kann dafür sorgen, dass ein Bauteil etwa in einer Kühltruhe zum Einsatz kommt, obwohl es vielleicht gar nicht so optimal für die dort herrschenden frostigen Temperaturen geeignet ist, sondern „nur“ für einen Kühlschrank. Dadurch werden Teile außerhalb ihres Betriebsbereichs über Gebühr belastet und gehen schneller kaputt. Und selbst wessen Produkt sich noch innerhalb der Garantiezeit oder der Gewährleistungsfrist – mehr über diesen Unterschied lesen Sie hier – bewegt, der bekommt beim Händler oft gleich ein vollkommen neues Gerät. Das erhöht die Müllberge der Welt in atemberaubendem Tempo.
Natürlich steht nun hier die Frage im Raum: Wie viel davon ist „Kostenkalkulation des Herstellers plus „passt schon““ und wie viel ein Einsatz solcher Bauteile im genauen Wissen darüber, dass sie eigentlich nicht für das Gerät geeignet sind, also Absicht? Die Antwort darauf wird so lange Spekulation bleiben, bis einem Hersteller hier wissentliche Manipulation von einer neutralen Stelle aus bewiesen werden kann. Allerdings: In einem Bereich ist die geplante Obsoleszenz eine Tatsache.
4) Beispiel Drucker
Wer schon einmal Patronen für den Tintenstrahldrucker kaufen musste, der weiß: Eine teure Angelegenheit. Rein rechnerisch ist Druckertinte die teuerste Flüssigkeit der Welt, noch vor so exotischem wie Mäusemilch. Bekannt ist, dass die Druckerhersteller hier vieles tun, um zu verhindern, dass die Kunden sich über dieses Geschäftsmodell hinwegsetzen: Viele Firmen bieten nämlich den Drucker zu äußerst günstigen Beträgen an und holen sich ihren Gewinn über den Verkauf der unverhältnismäßig teuren Patronen.
Druckerpatronen identifizieren sich per Chip gegenüber dem Drucker. Der weiß dann, ob er eine volle Originalpatrone oder eine Nachgefüllte eingebaut bekommt – und blockiert bei letzterer.
Damit das so bleibt, kommen einige Tricks zum Einsatz: So etwa enthalten die Patronen codierte Chips. Anhand dieser kann der Drucker die Patrone eindeutig identifizieren – inklusive Füllstand. Wird nun in diesen Patronen einfach Tinte nachgefüllt, dann erkennt der Drucker beim Einsetzen, das keine neue Patrone verwendet wird und verweigert die Arbeit. Gleiches gilt auch für die Patronen von Drittherstellern. Allerdings beugen sich die Hersteller an dieser Front in den vergangenen Jahren dem Druck der Kunden etwas und lassen auch teilweise neue Fremdprodukte zu.
5) Verflixt und zugeklebt
Ein weiteres Beispiel für geplante Obsoleszenz hat ebenfalls nicht einmal mit kaputtgehenden Teilen zu tun, sondern mit der Reparierbarkeit: Produkte werden einfach so konstruiert, dass sie entweder gar nicht oder nur mit Beschädigungen geöffnet werden können oder nur mit der Hilfe von Spezialwerkzeug. Ein Beispiel: Die Torx-Schraube. Sie entstand in den 1960ern als Alternative zur Kreuzschraube. Allerdings: bis in die 90er war das System patentiert und kam bei vielen Autoherstellern zum Einsatz. Privatleute kamen kaum an das Werkzeug heran, um selbst Zylinderköpfe, Verkleidungen und vieles mehr reparieren zu können. Das konnten nur die Vertragswerkstätten, die über den Mutterkonzern mit den Werkzeugen versorgt wurden. Und selbst als die Patente abgelaufen waren, wurde noch „eine Schippe“ draufgelegt: Bei Torx-TR-Schrauben steht mitten in der Schraube ein kleiner Bolzen hoch, der in eine entsprechende Aussparung in der Nuss eingreift – normale Torx-Schlüssel konnten hier nicht verwendet werden.
Durch Spezialschrauben versuchen die Hersteller, das Öffnen von Gehäusen ebenso zu verunmöglichen wie durch schlichtes Verkleben.
Und ähnlich sieht es auch bei Haushaltsgeräten aus: Dreiecks-Schrauben, Micro-Schrauben, die kaum mit der Lupe zu erkennen sind und andere Profile sorgen dafür, dass der „Elektriker um die Ecke“ selbst dann das Produkt nicht reparieren könnte, wenn er ein passendes Ersatzteil hätte. Ein Paradebeispiel für das anfangs genannte Beispiel des Öffnens ist das iPhone. Sein Innenleben ist verklebt und somit nur unter äußersten Schwierigkeiten zu öffnen. Und auch elektronische Hilfen kommen mitnichten nur beim Drucker zum Einsatz: Kameras etwa können per Erkennungs-Elektronik dafür sorgen, dass Aftermarket-Akkus schneller geleert werden. Und die Wut über solche Vorgehensweisen steigt: Frankreich etwa verbot im vergangenen Jahr geplante Obsoleszenz unter Androhung von zwei Jahren Haft und 300000 Euro Geldstrafe.
6) Geplante Obsoleszenz ein offenes Geheimnis
Natürlich, zugeben würde es kein Hersteller, aber allein die Kapitel vier und fünf dieses Artikels zeigen: Es ist absolut im Sinne der Hersteller, wenn Dinge schneller kaputt gehen, sich nicht oder nur schlecht reparieren lassen oder einfach keine Ersatzteile von Fremdherstellern akzeptieren. Allerdings sollten auch äußerst aufgebrachte Besitzer eines gerade kaputtgegangenen Geräts sich in ihrem Zorn nicht dazu hinreißen lassen, auf ihrem Social-Media-Account dem Hersteller eine solche Anklage öffentlich vor die Füße zu werfen. Das wiederum könnte der nämlich mit einer Anzeige wegen Geschäftsschädigung und übler Nachrede quittieren – und das würde die Wut des Verbrauchers nur weiter steigern.
Das einzige Verbrauchermittel gegen geplante Obsoleszenz ist maximales Vergleichen vor dem Kauf und das Lesen von Kundenrezensionen.
Umgehen lässt sich geplante Obsoleszenz kaum, denn Hersteller aller Preisklassen sind daran interessiert, ihre Neuware an den Mann oder die Frau zu bringen. Die einzige echte Lösung lautet: Vergleichen und noch mehr vergleichen. Dadurch lässt sich das Risiko zumindest absenken. Besonders bei teuren Geräten kann es sich auch lohnen, über vom Händler angebotene Garantieverlängerungen nachzudenken. Sollte das Gerät dann den Geist aufgeben, kann es wenigstens noch kostenlos ausgetauscht werden. Das hilft zwar nicht den Müllbergen, die durch solche Politik entstehen, aber zumindest den Betroffenen.
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Über die geplante Obsoleszenz gab es schon massig Videos und Berichte im Internet so wie im TV. Natürlich möchte es keiner laut sagen, da es ja schon eher an Betrug grenzt. Oft lohnt es sich, sich die Geräte mal genauer an zu schauen, sollten sie kaputt sein. Ersatzteile bekommt man leicht im Internet oder anderswo. Ich hatte bei meinem TV schon einen Zähler drin, der nach einer gewissen Anzahl an Laufstunden einfach ausgeschalten hat und nicht mehr anging. Wenn man das zurück setzt, ist alles wie vorher.
Liebe Grüße
Geplante Obsoleszenz ist erwiesen und wird hier unzureichend beschrieben. Mehr Infos dau finden sich bei MURKS? NEIN DANKE! der Kampagne für mehr Haltbarkeit. murks-nein-danke.de/blog